DGfM: Pilz des Jahres 2025: Amethystfarbene Wiesenkoralle

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Amethystfarbene Wiesenkoralle
Clavaria zollingeri Lév. (1846)

Die Amethystfarbene Wiesenkoralle (Clavaria zollingeri) ist ein mittelgroßer, korallenartig ästig wachsender, freudig lila-violett gefärbter Pilz. Er wächst in Europa in extensiv genutzten Wiesen, Eschenwäldern und Schlehengebüschen in Gesellschaft mit Erdzungen, Rötlingen, Saftlingen und Wiesenkeulchen. Seine weite Verbreitung auf allen Kontinenten lässt vermuten, dass es sich um ein sogenanntes Urzeitrelikt handeln könnte.

Sporen mit brüchigen Ästen

Die mehrfach verzweigten, korallenartigen, 2-8 cm großen Fruchtkörper sind meist in naturnahen Wiesen zwischen Gräsern und Kräutern verborgen. Da sie lila bis amethystfarbenen gefärbt sind, fallen sie bei gezielter Suche in geeigneten Biotopen schnell auf. Ihre Sporen bilden diese korallenartig verzweigten Pilze an der Oberfläche der brüchigen Äste. Sie gehören zur Ordnung der Champignonartigen (Agaricales), sind also nah mit Blätterpilzen wie den Saftlingen oder Rötlingen verwandt. In den Gattungen Clavulina, Ramaria und Ramariopsis gibt es weitere Arten mit koralloiden Fruchtkörperformen in violetten Farben.

Zeigerart für naturnahe Wiesen

Die Amethystfarbene Wiesenkoralle gehört zu den sogenannten Saftlingsgesellschaften mit einigen hundert weiteren Pilzarten, die nährstoffarme, humose Biotope als gemeinsamen Lebensraum besiedeln. Ihre Ernährungsweise ist noch nicht abschließend erforscht, aber sie leben vermutlich hauptsächlich von stark zersetzten Pflanzresten in der Humusschicht von Wiesen, Gebüschen und Wäldern. Alle Pilzarten der Saftlingsgesellschaften gelten als wenig konkurrenzstark, denn man findet sie kaum in nährstoffreichen Biotopen oder zwischen Ektomykorrhiza bildenden Pilzartengemeinschaften.

40 Fundorte in Deutschland

Die besiedelten Extensivwiesen sind in der Regel sehr artenreich. Extensive Bergweiden, moosreiche alte Parkrasen, Wacholderheiden, Eschenwälder oder Schlehengebüsche sind potenzielle Biotope in Europa. In Deutschland sind allerdings nur noch weniger als 40 Standorte bekannt. Aufgrund der intensiven Landnutzung und starken Überdüngung der Landschaft sind alle Pilzarten gefährdet, die auf nährstoffarme Standorte angewiesen sind. Die DGfM möchte mit der Wahl der Amethystfarbenen Wiesenkoralle auf die immense Gefährdung unserer Artenvielfalt durch die intensive Landnutzung aufmerksam machen.

Die Verbreitungskarte von Clavaria zollingeri auf www.pilze-deutschland.de zeigt etwa 40 Fundpunkte | Bild: Dämmrich F, Gminder A, Hardtke H-J, Karasch P und Schmidt M

Eine oder mehrere Arten?

Darüber hinaus gibt die weite Verbreitung dieses farbenfrohen Pilzes auf allen Kontinenten Hinweise darauf, dass viele Pilzarten schon Millionen von Jahren auf unserem Planeten leben könnten. Bedingt durch die weiche, schnell vergängliche Fruchtkörperstruktur gibt es mit Ausnahme von Bernstein nur wenige fossile Nachweise von Pilzen. In mehr als 40 Millionen Jahre alten Bernsteinfunden wurden beispielsweise schon Tintlingssporen gefunden. Die Funde der Originalbeschreibung von Clavaria zollingeri Lév. 1846 stammen von der Insel Java/Indonesien. Die weltweite Verbreitungskarte zeigt Funde in Afrika, Australien, Europa (Abb. 1), Neuseeland, Nord- und Südamerika und Tasmanien (Abb. 2). Erste genetische Untersuchungen deuten darauf hin, dass die makro- und mikroskopisch schwer unterscheidbaren Gruppen (Clades) miteinander verwandt sind, aber die europäischen Kollektionen eine andere Art sind.

Dokumente

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DGfM: Pilz des Jahres 2024: Schopf-Tintling

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Schopf-Tintling zum „Pilz des Jahres 2024“ gekürt.

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Albin SchmalfußFührer für Pilzfreunde : die am häufigsten vorkommenden essbaren, verdächtigen und giftigen Pilze / von Edmund Michael ; mit 68 Pilzgruppen, nach der Natur von A. Schmalfuss [1] https://dx.doi.org/10.5962/bhl.title.3898

Schopf-Tintling, Spargelpilz
Coprinus comatus (O.F. Müll.) Pers. 1797

Der leicht kenntliche Schopf-Tintling ist jung ein ausgezeichneter Speisepilz. Sein weißer, walzenförmiger Hut ist mit abstehenden Schuppen besetzt. Die ähnlichen, häufigen Specht- und Faltentintlinge haben jung kein rein weißes Hutfleisch. Seltenere Doppelgänger wachsen auf Dung oder Mist, oder riechen nach Maggi. Hut und Lamellen des Schopf-Tintlings verfärben sich bald rosa, dann schwarz und tropfen als dunkle Masse herab.

Der Schopf-Tintling (Coprinus comatus) ist der einzige Speisepilz seiner Gattung. Er schmeckt und riecht mild. Die langen Stiele lassen sich leicht vom Hut lösen und ähneln weißem Spargel – daher sein Name „Spargelpilz“. In der Literatur heißt es mehrfach, dass sogar sein feines Aroma an weißen Spargel erinnert.
 

Lecker und gesund

Doch der Schopf-Tintling ist nicht nur lecker, sondern auch gesund. Vor allem in der fernöstlichen Heilkunde wird er für seine Wirkung geschätzt: Er fördert die Verdauung, reguliert den Blutzuckerspiegel, stabilisiert das Immunsystem und hemmt das Wachstum von Tumoren. Leider verdirbt er leicht. Deshalb wird er weder in Märkten angeboten noch als Speisepilz kultiviert. Nur frische und weiße Exemplare sind zum Verzehr geeignet. Sobald sie sich rosa verfärben, sollten sie nicht mehr gegessen werden.
 

Tinte aus Pilzen

Dafür lässt sich aus den zerfließen-den Hüten Tinte gewinnen. Damit wurde bereits vor über 300 Jahren geschrieben – die Texte sind immer noch erhalten. Im Mikroskop sind die winzigen dunklen Sporen sichtbar. So können Forschende ermitteln, aus welchen Arten die Tinte bestand.
 

Starkzehrer mit Giftfallen

Während die Bestände der meisten Pilzarten durch die hohen Nährstoffeinträge der konventionellen Landwirtschaft abnehmen, besiedelt der sehr häufige Schopf-Tintling auch stickstoffreiche Orte wie Fettwiesen, Parkanlagen und Wegränder. Er kann von Mai bis in den November hinein gefunden werden.

Spannend: Der Pilz ernährt sich von toten Pflanzen und winzigen Faden-würmern im Boden. Dazu bildet das Pilzgeflecht Fangorgane aus. Berühren die Nematoden diese, lähmt sie ein Gift. Die Pilzfäden wachsen dann in die Beute hinein und verdauen sie mit Hilfe von Enzymen binnen Tagen.

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DGfM: Pilz des Jahres 2023: Sumpf-Haubenpilz

Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie hat den Sumpf-Haubenpilz (Mitrula paludosa) zum „Pilz des Jahres 2023“ ernannt.

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Bild: Henk Monster, https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Mitrula_paludosa_(GB%3D_Swamp-or_Bog_Beacon,_D%3D_Sumpfhaubenpilz,_NL%3D_Beekmijtertje)very_tiny_mushroom_in_the_Black_Forest_on_a_very_swampy_spot_with_lots_of_moss_vegetation_near_Todtmoos-_panoramio.jpg

Anders als bekannte Hutpilze erinnern die glasig-weiß gestielten Fruchtkörper mit ihren gelben bis orangen Köpfchen an Streichhölzer. Der Pilz besiedelt naturnahe, sumpfige und nährstoffarme Gewässer auf sauren Böden. Dort zersetzt er Pflanzenreste wie zum Beispiel Laub, Nadeln und Fichtenzapfen. Der Sumpf-Haubenpilz kommt zwar in ganz Europa vor, ist jedoch auf Lebensräume in naturnahen Wäldern mit sauberem Wasser angewiesen.

Merkmale im Überblick

Die hübschen Fruchtkörper erscheinen schon im zeitigen Frühjahr und können in Bergregionen bis in den Sommer hinein gefunden wurden. Die glasig-weißen Stiele sind 2–4 cm lang und 2–3 mm dick. Sie heben den zitronengelben bis satt orangenen und 3–6 mm lange Kopfteil aus dem Wasser. In diesen Köpfchen entwickelt der Sumpf-Haubenpilz seine Sporen, um sich zu vermehren. Mit bloßem Auge sind die winzigen Sporen nicht zu erkennen. Sie entstehen in Schläuchen und werden bei Reife regelrecht herausgeschossen. Über Luft und Wasser gelangen sie dann in geeignete, neue Lebensräume. Naturbegeisterte können die kleinen Fruchtkörper dennoch leicht entdecken, weil sie oft zu Dutzenden auf kleiner Fläche stehen.

Gefährdung der Lebensräume

In Deutschland liegen die Hauptverbreitungsgebiete des Sumpfhaubenpilzes in den sauren Mittelgebirgen wie Bayerischer Wald, Harz, Thüringer Wald und Schwarzwald. Flächendeckende Forstschäden durch Hitze, Trockenheit und Borkenkäfer mit anschließender forstlicher Beräumung wie aktuell im Harz bedingen auch riesige Lebensraumverluste von Organismen wie dem Sumpf-Haubenpilz, die auf weitgehend ungestörte, sumpfige Waldstellen angewiesen sind. Die forstlichen Fehler der Vergangenheit werden mit massivem, maschinellem Einsatz bekämpft, um wirtschaftliche Interessen zu wahren – das Gegenteil von naturverträglich und ökologisch nachhaltig.

Walddynamik als Ausweg

Der günstigste und beste Weg wäre das Zulassen von Walddynamik: Abgestorbene Bäume verbleiben als Schattenspender und Feuchtigkeitsreservoir, sodass auf den Flächen ein gesunder Wald aus Naturverjüngung entstehen kann. Die Ergebnisse sind beispielsweise heute schon in den ehemaligen Fichtenforsten des Nationalparks Bayerischer Wald zu sehen. Dort wächst ein stabiler, standortgerechter Bergmischwald auf, der in wenigen Jahrzehnten wieder Lebensräume für den Sumpf-Haubenpilz und viele weitere Arten bietet.